Am 06.12. hat die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung – wie sie offiziell heißt – ihre Pläne für eine Reform der Krankenhausfinanzierung in Deutschland auf der Bundespressekonferenz vorgestellt. Es ist relativ wahrscheinlich, dass die Vorschläge der Kommission zumindest ähnlich wie in der vorgeschlagenen Art und Weise umgesetzt werden, so dass es sich lohnt, sich damit zu beschäftigen, wenn man irgendwie mit Krankenhausmedizin zu tun hat. Um die Reformvorschläge richtig verstehen zu können, muss man aber erst einmal damit auseinander setzen, wie Krankenhausfinanzierung in Deutschland bislang funktioniert, also das DRG-System. Dazu hatte ich den Blogbeiträgen zu Überversorgung in der Medizin und zum Thema Medizin brennt schon mal was geschrieben, habe es hier aber zusammengetragen und etwas erweitert.
Der Status Quo: Das DRG-System
Krankenhausfinanzierung kann man ganz grob in zwei Bereiche unterteilen: In die Finanzierung der laufenden Kosten, die durch Behandlung von Patienten entstehen und die, die man für die Bereitstellung der Krankenhausinfrastruktur benötigt. Für den zweiten Teil sind die Bundesländer zuständig. Hier ist es ähnlich gelagert wie beim 2% Ziel der NATO und dem deutschen Verteidigungshaushalt: Die Bundesländer kommen dem gesetzten Ziel von 7-8% Investitionsförderung gemessen am Umsatz der Krankenhäuser nicht nach und lagen 2020 nur bei 3,4% (Link). Das ist ein wesentlicher Teil des Problems warum viele Krankenhäuser in so schlechtem baulichen Zustand sind und warum die Energiekosten für viele Krankenhäuser derzeit oft eine existenzielle Krise darstellen (Link). Besonders wenig Förderung bekommen übrigens staatliche Häuser, besser schneiden Häuser privater oder freigemeinnützlicher Träger ab. Aber darum geht es hier eigentlich nicht, sondern um die Finanzierung der laufenden Behandlungs- und Personalkosten, die im wesentlichen über die Diagnosis Related Groups (DRG) geleistet wird.
Kostengewicht und Landesbasisfallwert: Die Original-DRG
Diagnosis Related Groups (DRG) gibt es als Grundlage für Verteilung von Versicherungsleistungen schon ganz lange. In Deutschland wurde 2003 jedoch das damals bestehende System so geändert, dass seither jede stationäre Krankenhausbehandlung (mit Ausnahme der Psychiatrie) mit einer Fallpauschale vergütet wird, deren Höhe sich an der Diagnose und verschiedenen Schweregraden und Begleiterkrankungen bemisst. Grob gesagt kann man sich das wie einen Pauschalurlaub mit all inclusive vorstellen.
Jede Diagnose findet sich in einer Fallpauschale wieder, die in einer bestimmten Systematik durchnummeriert sind. Jeder Fallpauschale ist ein Kostengewicht (andere Begriffe sind Bewertungsrelation und Relativgewicht) zugeordnet, ein Zahlenwert, der den Schweregrad und den Behandlungsaufwand der Fallpauschale darstellen soll.
Bestimmte Prozeduren, also Operationen, aber auch Komplexbehandlungen (also interdisziplinäre Behandlungsmodelle, z.B. bei einem Schlaganfall, in der Frührehabilitation auf der Intensivstation usw. mit definierten ärztlichen, pflegerischen aber auch therapeutischen Leistungen) erhöhen die Bewertungsrelation (und damit den Abrechnungsbetrag).
Zwei Beispiele (Link):
- Die Behandlung eines Patienten mit einem Schlaganfall ohne eine Komplexbehandlung auf einer Stroke Unit führt zur DRG B70F mit einem Kostengewicht von 0,795
- Die Behandlung des selben Patienten auf einer Stroke Unit mit einer Dauer der Behandlung von mindestens 72 Stunden führt zur DRG B39C mit einem Kostengewicht von 2,122
Wenn man jetzt wissen will, wie viel Geld das Krankenhaus für den Fall bekommt, so muss man wissen, wieviel so ein Kostengewicht wert ist. 1,0 Kostengewichte sind gleichgesetzt mit dem Landesbasisfallwert. Der beträgt z.B. 2021 in Hamburg 3.743,70 EUR (Link). Das bedeutet, dass
- in Beispiel 1 das Krankenhaus eine Summe von 2.976,24 EUR (0,795 x 3.743,70 EUR) abrechnen kann, zuzüglich der Kosten für das Pflegepersonal (die wurden ab 2020 aus den DRG „rausgerechnet“ und werden gesondert abgerechnet, siehe unten),
- in Beispiel 2 das Krankenhaus 7.944,13 EUR (2,122 x 3.743,70 EUR) abrechnen kann, zuzüglich der Kosten für das Pflegepersonal.
Wie werden DRG überhaupt ermittelt?
In Deutschland gibt es ca. 250 (2020 272) sogenannte Kalkulationskrankenhäuser. Diese übermitteln einen erweiterten Datensatz an das InEK (das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus). Hierin sind alle Behandlungskosten für jede Fallpauschale aufgeschlüsselt. Daraus berechnet sich dann ein Durchschnitt der Aufwendungen, die ein Krankenhaus für eine Behandlung hat. Und hieraus berechnet sich dann die DRG.
Probleme des DRG-Systems
DRG funktionieren für Krankenhäuser nur über die Menge, weil nur so die ständigen Infrastruktur- und Personalkosten (die Vorhaltekosten, um die es gleich noch ganz viel gehen wird) ausgeglichen und gegenfinanziert werden können. Und sie funktionieren somit am besten bei einer gleichmäßigen Auslastung, z.B. im elektiven operativen Bereich und besonders schlecht in der nicht planbaren Notfallmedizin.
Der Mechanismus mit den Stufen in den Prozedurencodes führt tendenziell dazu, dass Patienten möglichst hochbewertete Prozeduren (OPS-Codes) erhalten und auch bei der Kodierung des Falls versucht wird, möglichst viele die Fallpauschale erhöhende Begleiterkrankungen zu finden. Das wiederum intendiert, dass mittelfristig nach diesen Nebendiagnosen gesucht wird, was ein Mehraufwand an Diagnostik und ggfs. Therapie bedeutet welcher durchaus auch ohne Mehrwert für den Patienten bleiben kann und was dann eine Art von Überversorgung ist.
Die Komplexbehandlungen (die ja zu den Prozeduren gehören) sind wiederum fast immer in verschiedene Zeiträume unterteilt, in welchen sie erbracht werden und in welchen sie verschieden viel Erlös generieren. Je länger sie erbracht werden, desto höher ist die Vergütung, was ja auch logisch ist. Das bedeutet aber, dass es „Stufen“ in der Erlösstruktur z.B. der Schlaganfallversorgung gibt, nach 24 Stunden auf der Stroke Unit gibt es mehr Geld, nach 72 Stunden noch deutlich mehr usw. Patienten werden dementsprechend eher 24,5 Stunden auf der Stroke Unit behandelt und möglichst nie 23,5 Stunden usw. Und dann „macht man die 24 Stunden noch voll“ (oder die 72 Stunden usw.), auch wenn die Behandlung auf der Stroke Unit vielleicht nicht mehr notwendig wäre, hier kein spezifisches Therapieziel mehr besteht. Auch das ist natürlich Überversorgung. DRG begünstigen somit Überversorgung.
Ein weiteres Problem des bisherigen DRG-Systems erklärt sich durch seine Simplizität. Um Erlössteigerungen zu realisieren, können Krankenhäuser neben der geschilderten Erlösoptimierung eigentlich nicht viel tun, außer die Zahl der Behandlungen zu erhöhen oder ihre Sach- und Personalkosten zu drücken, um unter den Durchschnitt, den die Kalkulationskrankenhäuser aufwenden müssen zu kommen. Denn die DRG sind ja eigentlich so kalkuliert, dass am Ende eine schwarze 0 stehen sollte.
Diese Erlössteigerungen können aus Gewinnstreben geschehen, sind aber oft auch nötig, weil z.B. Gehaltserhöhungen (oder aktuell die Entwicklung Energiekosten) über die Steigerungsraten des Landesbasisfallwertes hinausgehen (Link) oder eben weil die Bundesländer ihren Investitionsaufwendungen nicht nachkommen und Krankenhäuser notwendige Anschaffungen / Renovierungen / Sanierungen selber stemmen müssen. Dies führt zu dem viel zitierten Hamsterradeffekt, bei dem mit dem selben Personalschlüssel Jahr um Jahr 10-15% mehr Patienten behandelt werden sollen.
Herausnahme der Pflegepersonalkosten aus den DRG
Ab 2020 – wurden die Personalkosten für das Pflegepersonal, allerdings nicht für das ärztliche oder medizinisch-technische (MTAs) oder therapeutische Personal und auch nicht für z.B. OP-Pflege aus den DRG herausgelöst und gesondert – im Grunde nach tatsächlichen Unkosten – vergütet. Wie immer im Gesundheitssystem geschieht das nicht direkt, d.h. die Krankenhäuser stellen nicht ihre Lohnkosten für das Pflegepersonal den Krankenkassen direkt in Rechnung, sondern es werden verschiedene Scores gebildet, die miteinander verrechnet werden (ähnlich wie bei den DRG mit Kostengewichten und Landesbasisfallwert). Grundsätzlich sind aber die Pflegepersonalkosten, die auf den Bettenstationen anfallen damit in der tatsächlich entstandenen Höhe gegenfinanziert.
Die DRG die nach Abzug der – wie geschildert gesondert vergüteten – Pflegepersonalkosten übrig bleiben nennt man übrigens aDRG, wobei das a für ausgegliedert steht.
Der Reformvorschlag der Krankenhauskommission
Der Reformvorschlag der Krankenhauskommission beschreibt aber keine Überwindung der DRG, sondern deren (dringend erwartete) Überarbeitung, mit einer (aber gewichtigen) Ausnahme, wo die DRG tatsächlich abgeschafft werden sollen.
Wenn man die Medienberichte zur Bundespressekonferenz gelesen hat, dann besteht die vorgeschlagene Reform aus folgenden drei Punkten :
- Schaffung von vergleichbaren Krankenhausleveln mit definierten Mindeststandards
- Definition von Leistungsgruppen, die das System der Fachabteilungen bzw. Einzel-DRG ablösen sollen
- Einführung einer Vorhaltefinanzierung
Was hat das nun mit DRG zu tun? Die Punkte klingen erst einmal wenig intuitiv, sind es aber eigentlich gar nicht. Um in die Materie – abseits dieses Blogbeitrags einzutauchen – empfiehlt es sich den Reformvorschlag selber zu lesen (Link pdf):
Oder man schaut sich die Bundespressekonferenz vom 06.12. einfach an:
Besonders empfehlenswert ist aber das dreiteilige Webinar der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) mit Christian Karagiannidis und Reinhard Busse zu dem Thema:
Teil 1 (Ausgangslage, warum ist eine Reform nötig?)
Teil 2 (Reformvorschläge der Kommission)
Teil 3 (Weitere Erläuterungen zum Thema Vorhaltefinanzierung)
Die Grundidee
Grundidee des Reformvorschlags ist, dass zukünftig Krankenhausleistungen nur noch von dafür qualifizierten Krankenhäusern (entsprechend der Krankenhauslevel) mit bundesweit vergleichbaren Qualitätsstandards (in den Leistungsgruppen) erbracht werden dürfen. Das heißt, dass das zuletzt in der COVID-Pandemie beim Thema ECMO desaströs gescheiterte Konzept der Markt regelt das und alle dürfen alles machen aufgegeben wird. Das soll zu einer höheren Behandlungsqualität, einer besseren Steuerung von Patientenströmen und darüber zu einer Umorganisation der Krankenhauslandschaft führen.
Zudem wird eine DRG-unabhängige Grundversorgung in kleinen Kliniken eingeführt und für Kliniken, die weiter am DRG-System teilnehmen dem Wesen der Notfallmedizin Rechnung getragen und eine Vorhaltevergütung eingeführt, so dass alleine das Bereithalten von Infrastruktur und Personal für eine Krankenversorgung schon vergütet wird.
Schauen wir uns die Punkte etwas detaillierter an:
Krankenhauslevel
Die Kommission schlägt vor, dass bundesweit fünf Krankenhauslevel eingeführt werden, welche von den Bundesländern (die ja die Hoheit über die Krankenhausplanung haben) und dem Medizinischen Dienst (MD, ex MDK) nach fest vorgegebenen Kriterien vergeben werden.
Diese Level sind:
- Level Ii (i = integrierte ambulante und stationäre Versorgung)
- Level In (n Notaufnahme der Notfallstufe I)
- Level II
- Level III
- Level IIIU (Unikliniken)
Zudem gibt es eine eigene Definition und Mindestanforderung an Fachkrankenhäuser, die in das Modell sonst nicht so richtig integrierbar wären.
Ziel ist es, die bislang bundesländerunterschiedlichen „Versorgungsstufen“, die Einteilung in Regel-, Schwerpunkt- und Maximalversorgung usw. zu normieren und damit vergleichbar zu machen.

Die Stufen erinnern – nicht ohne Grund – an das G-BA-Stufenmodell der Notfallversorgung (Link), wie man an dieser Tabelle aus der verschriftlichen Stellungnahme der Kommission erkennen kann:

Dass das Stufensystem pyramidenartig aufgebaut ist, ist durchaus gewollt und ist auch jetzt schon so. So gab es derzeit (lt. Prof. Busse im DGIIN-Webinar, Link) in Deutschland 2020 1730 Krankenhausstandorte, von denen
- 164 (9%) die G-BA-Stufe 3 erfüllen und 5,0 Millionen stationäre Fälle (31% aller stationären Behandlungen) abgerechnet haben
- 261 (15) der G-BA-Stufe 2 mit 4,3 Millionen Fällen (26%)
- 650 (38%) der G-BA-Stufe 1 mit 5,3 Millionen Fällen (33%) und
- 660 ohne G-BA-Stufe (39%), die 1.7 Millionen stationäre Fälle (10%) behandelt haben.
Das heißt, das auch jetzt schon 24% der Krankenhäuser (G-BA-Stufe 2+3) 57% der stationären Fälle behandeln.
Neu sind – wie erwähnt – die umfangreichen Strukturvorgaben, die ein Krankenhaus neben den Erfordernissen der Notfallversorgung vorhalten muss, um in die Krankenhauslevel eingestuft zu werden:

Auffällig – und total wichtig – ist, dass zum ersten Mal in jedem Level ein Krankenhaus-Sozialdienst gefordert wird.
Level Ii-Kliniken
Die Definition der Level Ii-Kliniken ist eigentlich am interessantesten, weil hier tatsächlich etwas neues entstehen soll. Zum Einen können die Level Ii-Kliniken unter fachpflegerischer Leitung betrieben, zum Anderen Ärzte entweder aus dem ambulanten Sektor im Sinne von Belegärzten oder als angestellte Ärzte im Kollegialsystem eingebunden werden, also wirkliche integrierte ambulant/stationäre Versorgung anbieten (daher auch das i). Die Krankenhäuser des Level Ii sind die, die aus den DRG komplett herausgelöst werden, dort soll die Vergütung nach Tagessätzen, welche mit zunehmender Aufenthaltsdauer kleiner werden, erfolgen. Hauptaufgabe der Level Ii-Kliniken soll sein eine Grundstruktur, in der es möglich ist
wohnortnah zumeist allgemeine und spezialisierte ambulante fachärztliche Leistungen mit Akutpflegebetten, in denen Patientinnen und Patienten z. B. zur Beobachtung und Basistherapie oder nach der Verlegung aus einem Haus der Regel-/Schwerpunkt- oder Maximalversorgung stationär überwacht und gepflegt werden können.
anzubieten. Und weiter:
Um die regionalen Gegebenheiten angemessen berücksichtigen zu können, sind gerade für diese Versorgungsstufe flexible Möglichkeiten entscheidend. Je nach Bedarf sollte es daher möglich sein, Level Ii auch als regionales Gesundheitszentrum mit ambulanten Behandlungsmöglichkeiten, jedoch zwingend mit Akutpflegebetten ohne Fachabteilungszuordnung zu planen.
Das sind tatsächlich Big News, da man hier zum Konzept von Gesundheitszentren mit kleinen stationären Behandlungseinheiten kommt, wie man es aus skandinavischen Ländern kennt. Die Organisationsstruktur der Level Ii-Kliniken kann man sehr schlank halten, insbesondere wenn sie – wie es die Kommission es fordert – organisatorisch an Level III-Kliniken angeschlossen werden und sozusagen als Außenstellen funktionieren.

Level In-Kliniken
Die Level In-Kliniken sollen dort entstehen, wo
das nächstgelegene Krankenhaus der Regel- und Schwerpunktversorgung bzw. der Maximalversorgung weiter als 30 Minuten Pkw-Fahrzeit entfernt ist oder bei denen das Bundesland einen besonderen Versorgungsauftrag sieht.
und eine Basisnotfallversorgung vorhalten (daher das n). Die Level In-Kliniken werden anders als die Level Ii-Häuser nach DRG vergütet. Aufgabenbereiche der Level In-Häuser sollen
die stationäre internistische und chirurgische Basisversorgung, Basis-Notfall- versorgung und je nach Bedarf auch Geriatrie oder Palliativmedizin
sein. Auch die Level In-Kliniken sollen fest an eine Level III-Klinik angebunden sein. Die Krankenhauskommission stellt es sich so vor, dass auch die medizinische Ausbildung im Rahmen der Facharztweiterbildung eine Rotation zwischen Level I und Level III-Kliniken vorsieht, um eine wirklich effektive Verzahnung und umfassende Ausbildung möglich zu machen.
Leistungsgruppen
Mit den Krankenhausleveln soll die Versorgungstruktur normiert und eine Strukturqualität sicher gestellt werden, mit den Leistungsgruppen die Behandlungsqualität. Damit Schluss mit alle machen alles ist, sollen Behandlungen für bestimmte Erkrankungen an ein Mindest-Krankenhauslevel geknüpft werden. Da die klassischen Fachabteilungen (also Kardiologie, Neurologie usw.) inhaltlich nicht definiert sind und die einzelnen DRG-Codes zu zahlreich (derzeit gibt es 1.300 DRG-Codes) und zu kleinteilig sind, hat die Kommission 128 Leistungsgruppen definiert, z.B. in der Herzmedizin Kardiologie, interventionelle Kardiologie, EPU/Ablation, kardiale Devices und minimalinvasive Herzklappenintervention. Hierunter kann man sich durchaus was vorstellen unter den neurologischen Leistungsgruppen Basisbehandlung Neurologie, allgemeine Neurologie, komplexe Neurologie und Neuro-Frühreha bis auf die Frührehabilitation deutlich weniger.
Hier ist der Reformvorschlag der Kommission aber auch noch nicht fertig, vielmehr soll die Definition der einzelnen Leistungsgruppen innerhalb von 12 Monaten erfolgen und dann neben den konkreten Erkrankungsbildern, die sie beinhalten auch die personellen und technischen Mindestvoraussetzungen für die Erfüllung der Leistungsgruppen festgelegt werden, ebenso welche Leistungsgruppen ein Krankenhaus noch vorhalten muss. Die Kommission macht hier folgendes Beispiel:
Zum Beispiel sollte die Pankreaschirurgie (LG 2.7.4) sowohl die allgemeinere Viszeralchirurgie (LG 2.7) als auch die Gastroenterologie (LG 1.3) sowie Hämatologie und Onkologie (LG 1.4) voraussetzen .
Und zu guter letzt soll über die Leistungsgruppen festgelegt werden, welcher Anteil der Vergütung als Vorhaltevergütung erfolgen soll. Schematisch soll das dann so aussehen, dass auch Level II- und -III-Krankenhäuser Basisleistungen erbringen,

idealerweise aber weniger als bisher:
Vorhaltevergütung
Neben der Abschaffung der DRG in den Level Ii-Kliniken ist dies der zweite Punkt, der bei der Krankenhausvergütung eine grundlegende Änderung erbringen soll. Wie oben erläutert finanzieren sich bislang die Kosten, die ein Akutkrankenhaus, welches an der Notfallversorgung teilnimmt für die 24/7-Mindestbesetzung von ZNA, Stationen, Funktionsbereichen und für die technische Infrastruktur allein über die Masse der erbrachten DRG. D.h., behandele ich jährlich 2.000 Patienten auf der Stroke Unit „lohnt“ sich diese viel mehr, als wenn es nur 200 sind, da sich dann diese Kosten, die Vorhaltekosten auf mehr Fälle aufteilen und somit pro Fall geringer sind. Dieses Konzept funktionierte eine Zeit lang recht gut, nämlich in der Phase, in der jährlich steigende Fallzahlen zu verzeichnen waren, also in dem Zeitraum ca. 2005 bis 2015.

Bei stagnierenden oder einbrechenden Fallzahlen (z.B. COVID-Pandemie) aber weiter steigenden Infrastruktur- und Personalkosten funktioniert diese Art von Vergütung aber nicht mehr. Zudem macht sie die ausreichende Vorhaltung von Personal und Infrastruktur unattraktiv. Die Idee der Kommission ist es, einen Teil der bisherigen DRG-Leistungen schon im Voraus, für die Erbringen der Vorhalteleistungen auszuzahlen. Das Ganze soll an die Erbringung von Mindeststandards (Krankenhauslevel und Leistungsgruppen-Voraussetzungen) geknüpft werden.
Laut dem Paper der Kommission liegen typische Vorhaltekosten (bei einem Betrachtungszeitraum von 3 Jahren) bei ca. 35% der DRG-Vergütung, in bestimmten Bereichen wie Notfall-, Intensiv- und Kindermedizin, sowie der Geburtshilfe aber höher. Die Gesamtvergütung der Krankenhäuser soll nicht steigen, für die bereits ausgegliederten Pflegebudgets kann man nach den Angaben von Christian Karagiannidis im DGIIN-Webinar ca. 20% der DRG-Summe veranschlagen. Ziel soll es sein, diese ja schon jetzt fallunabhängig ausgeschütteten 20% auf ca. 40%, bzw. 60% in den geschilderten Ausnahmefällen zu erweitern und die Rest-DRG, die dann auch rDRG heißen auf 60%, bzw. 40% der ursprünglichen Summe abzusenken.
Schematisch sieht das dann so aus, die Vorhaltevergütung würde pro Leistungsgruppe ausgeschüttet werden (was noch wichtig werden wird):

Idealerweise würde laut Kommission die Vorhaltevergütung knapp unter den tatsächlichen Vorhaltekosten liegen, um nicht Nichtstun zu belohnen, aber nur geringe Behandlungszahlen für einen auskömmliche Vergütung zu benötigen.
Für die Pädiatrie soll es auf Grund des dort höheren personellen Aufwandes, der sich in den bisherigen DRG nicht ausreichend abgebildet hat einen 20%-Aufschlag auf die bisherige DRG-Erlössumme geben.
Soweit die Darstellung der Reformvorschläge. Würden diese so umgesetzt, würden sie aber einen durchaus gewollten Impact auf die bisherige Krankenhausstruktur haben.
Implikationen der Vergütungsreform auf die Krankenhausstruktur
Zentrenbildung
Offensichtlich gewollt – und auch meines Erachtens sehr sinnvoll – ist in den Reformvorschlägen das Bestreben eine Verlagerung von komplexeren medizinischen Behandlungen aus der Breite in Zentren zu erreichen. Wir wissen schon seit Jahren, das die Zahl von durchgeführten Behandlungen mit am besten mit einem guten Behandlungsergebnis korreliert und Komplikationen seltener macht. Mehrfach wird in den Reformvorschlag die Möglichkeit betont, dass Krankenhäuser Leistungsgruppen austauschen und sich so Behandlungszentren bilden.
Auch, dass die Vorhaltevergütung je Leistungsgruppe ausgeschüttet wird, macht es für die Krankenhäuser attraktiver, wenn es möglichst wenige Häuser gibt, die die jeweilige Leistungsgruppe anbietet, da dann das Budget pro Haus höher ist.
Standortschließungen
Zusammenlegung von Standorten ist mit netteren Worten das selbe wie Krankenhausschließungen. Im Webinar der DGIIN präsentierte Professor Busse folgende Grafik mit einem Vergleich von Krankenhausstandorten in Deutschland und Dänemark:

Der Vergleich hinkt zwar durchaus etwas, weil Dänemark auch vor seiner Strukturreform des Gesundheitswesens im Jahr 2005 nur 45 Krankenhäuser hatte, einfach weil es dünner besiedelt ist und weil Dänemark mittlerweile 10-20 neue Polikliniken/Gesundheitszentren, bzw. dem LevelIi-Konzept ähnliche Einrichtungen plant (Link), weil die Zentralisierung doch zu stark war, wird die Botschaft deutlich: Es gibt in den Augen der Kommission in Deutschland zu viele Kliniken und selbst bei aller nachvollziehbaren Kritik an Schließungsplänen, Bertelsmann-Studie usw., so ganz von der Hand zu weisen ist das nicht, v.a. wenn man die weiter oben aufgeführte Versorgungsrealität betrachtet, nach der ein Großteil der stationären Behandlungen auch jetzt schon in den relativ wenigen G-BA-Stufen 2 und 3-Kliniken stattfindet.
Ein weiterer Punkt – ebenfalls aus dem Webinar mit Professor Busse – ist, dass die Zahl der stationären Behandlungen in Deutschland im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn sehr hoch ist, auch wenn Bevölkerungsstruktur, v.a. hinsichtlich Alter und Multimorbidität ähnlich ist. Hier hat er folgende Grafik präsentiert:

Im internationalen Vergleich müssten wir also theoretisch deutlich mehr Behandlungen ambulant anbieten, welche bislang stationär erfolgen. Dann würden wir auch weniger Krankenhausbetten benötigen und weniger Kliniken.
In meinen Augen ist es schade, dass die Kommission nur einmal kurz den Elefanten im Raum erwähnt: Die Trennung des ambulanten nicht-hausärztlichen-Facharztsystem von den im Krankenhaus tätigen Fachärzten, welches – so wie es derzeit in Deutschland gelebt wird – dazu führt, dass viele Untersuchungen und Behandlungen, die einen höheren Zeit- oder Personalaufwand benötigen im stationären Setting durchgeführt werden, auch wenn eigentlich eine stationäre Aufnahme gar nicht notwendig gewesen wäre. Die Antwort der Kommission sind die Tages-DRG, welche in der zweiten Stellungnahme (Link) (dies hier ist die dritte) vorgeschlagen wurden. Vielleicht ist es auch der nötige Realismus den die Kommission an den Tag legt, zu wissen, dass sich diese Doppelstruktur in Deutschland – so unsinnig sie auch sein mag – nicht auflösen lassen wird.
Verlierer der Reform
Was man bei solchen Reformvorschlägen nie machen sollte ist, die Vorschläge daran zu bemessen, ob sie für den eigenen Arbeitsplatz/Arbeitgeber vorteilhaft sind oder nicht. Denn so sind sie nicht konzipiert. Hier geht es um das Gesamtsystem stationäre Krankenversorgung. Wenn es hier zu – notwendigen – Umstrukturierungen kommt, werden in jedem Fall Arbeitsplätze verlagert werden, vielleicht sogar verloren gehen. Dass das System aber nicht so bleiben kann wie bisher dürfte mindestens jedem und jeder, der oder die darin arbeitet klar sein. Trotzdem gibt es zwei klare Verlierer der Reformvorschläge und zwar zum Einen die Fachkrankenhäuser, deren Sonderstellung zwar gesehen und beschrieben wird, die aber mit der Formulierung
Die Regierungskommission regt trotzdem an, dass diese hochqualifizierten Kliniken zukünftig baulich und inhaltlich in Kliniken der Stufe II und III integriert werden.
angezählt sein dürften. Zum Anderen sind es Fachabteilungen, die sehr leistungsstark sind und sehr viele Behandlungen durchführen. Durch die Einführung der Vorhaltevergütung – die für diese Abteilungen auf Grund ihrer Behandlungszahlen ggfs. gar nicht so wichtig ist – verringert sich der Mehrerlös je durchgeführter Behandlung, eben weil die rDRG geringer ausfallen als die alten aDRG. Das kann man sehr schön an dieser Grafik nachvollziehen:

Das bedeutet, dass in diesen Abteilungen der Erlös, darüber das Personal und darüber die Behandlungskapazitäten und -zahlen schrumpfen dürften. Als Beispiel fallen mir große kardiologische Abteilungen ein, die viele Herzkatheter- und ggfs. minimalinvasive Klappenbehandlungen durchführen.
Warum keine Revolution? Was die geplante Reform nicht ist
Drei wiederkehrende alternative Vorschläge zur Behandlungsvergütung hat die Krankenhauskommission sehr bewusst nicht berücksichtigt und geht in den verschiedenen Stellungnahmen auch darauf ein, warum sie das nicht tut:
Mehr Geld
Die Kommission stellt fest, dass wir in Deutschland im internationalen Vergleich sehr viel Geld für unser Gesundheitssystem bereits ausgeben, insgesamt ca. 13% des Bruttoinlandsprodukts, und für die stationäre Krankenversorgung im Jahr 2020 3,4% des Bruttoinlandsprodukts, was im europäischen Vergleich ebenfalls sehr viel ist. Nur Österreich gibt mehr aus (3,7% des BIP). Zudem ist es in Deutschland innerhalb von 10 Jahren zu einer Steigerung von 0,4% des BIP gekommen, da es 2010 noch 3,0% des BIP waren. Auch das ist im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn sehr viel, kaum ein Land hat eine derartige Steigerung der Gesundheitsausgaben zu verzeichnen. Sie folgert, dass eigentlich mehr als Genug Geld im System sein sollte, dass das DRG-System aber zu einer hohen Effizienz der Krankenhäuser, aber nicht zu einer hohen Effizienz des Gesamt-Gesundheitssystems geführt hat. Deswegen und angesichts der zu erwartenden unvermeidlichen Kostensteigerungen durch eine immer älter und multimorbider werdende Gesellschaft, immer teurere weil bessere Therapien und der notwendigen Anpassungen der Gehaltsstrukturen im Gesundheitssystem (siehe auch #Medizin brennt) sollte nicht noch mehr Geld ins System Krankenhaus gepumpt werden.
Mehr Personal
Die Kommission erläutert, warum die Hoffnung auf mehr Personal im Gesundheitswesen absehbar unrealistisch ist und sich der Fachkräftemange nicht abstellen lassen wird: Die Babyboomer gehen jetzt in Rente, in den nächsten Jahren werden insgesamt bis zu 500.000 Arbeitskräfte weniger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Diese können nicht ersetzt werden. Die Grafik aus der schriftlichen Stellungnahme illustriert diesen Effekt sehr schön.

Keine Ökonomie
Vor allem in der BPK und dem Webinar wurde erläutert, warum die Kommission die alternativ immer wieder vorgeschlagenen Modelle Tagessätze für alle Krankenhäuser und 100%-Finanzierung der tatsächlichen Kosten nicht für sinnvoll hält:
Beide Modelle gab es schon in Deutschland, erst die 100%-Finanzierung und dann die Tagessätze. Bei beiden Modellen wurde die stationäre Medizin langsam, ineffizient, die Patienten waren lange stationär aufgenommen, die Behandlungskosten uferten immer weiter aus.
Bei der 100%-Finanzierung und den Vorhaltekosten wird – auch von Herrn Karagiannidis – der Feuerwehr-Vergleich bemüht. Die Feuerwehr bekommt ja tatsächlich ihrer entstandenen Kosten ohne Abrechnungssystem erstattet. Nun ist es auch hier so wie mit vielen Vergleichen: Er hinkt. Denn die Feuerwehr löscht zwar einen Brand, betreibt aber nicht auch noch die Brandschadensanierung. Und hier unterscheidet sich die Krankenversorgung dann doch, weil es bei der eben nicht nur um den akuten Notfall, sondern auch um die Restitution geht. Und hier muss man Grenzen ziehen, da sonst die Ansprüchlichkeiten, die auch von Patienten- und Angehörigenseite nahezu täglich angemeldet werden („wenn ich schon mal hier bin, können wir dann nicht auch ein MRT vom Knie machen“, „Mutti muss nur mal ordentlich bei Ihnen aufgepäppelt werden“) nicht begrenzt werden können.
An dem Begriff Ökonomie, bzw. der Formulierung „ohne Ökonomie wird es nicht gehen“ haben sich verschiedene Diskussionen entzündet. Wenn man Ökonomie mit Effizienz und Zielgerichtetheit gleichgesetzt hätte, hätten vermutlich weniger Ärztinnen und Ärzte ein Problem mit der Begrifflichkeit gehabt.
Ein ganz kurzes Fazit
Mir geht es genauso wie Marc Bota: Ich verspüre angesichts der Vorschläge der Kommission Zuversicht, nachdem ich bei der Ankündigung zunächst sehr sehr skeptisch war.
Ich sehe auch keine grundlegenden Fehler / Probleme usw., aber ich persönlich konnte in den vergangenen Jahren auch meinen Frieden mit dem DRG-System machen. Was man aber meines Erachtens bedenken muss: Die Reform der Krankenhausvergütung löst ganz viele Probleme nicht, die ich im #Medizin brennt-Beitrag zusammengetragen habe, von der Entlohnung der Pflegekräfte bis hin zur Fehlinanspruchnahme der Notaufnahmen durch Pseudo-Notfälle bzw. strukturelle Probleme in der ambulant-ärztlichen Versorgung.
Hallo Herr Schöbs,
Danke für den sehr guten Abriss der Problematik, wie immer vom Stil und dem Layout sowie den Grafiken hervorragend. Als jemand, der nach nunmehr 36 Jahren in der klinischen Neurologie auf der Ebene einer Uniklinik und seit geraumer Zeit in einem Schwerpunkt Krankenhaus tätig ist, fühle ich mich berufen, einen Kommentar abzugeben.
Bei der Beschreibung der Finanzierung des operativen Betriebs eines Krankenhauses durch die Krankenkassen muss neben der Erklärung der Fallpauschalen (DRG) die Budgetierung erklärt werden. Was heisst dass? Mit den Kostenträgern wird ein Jahresbudget, das in diesem Krankenhaus zur Verfügung steht bzw. geleistet wird, vereinbart. Diese Verhandlungen sind zT zäh und werden oft auch erst im Nachhinein für das vergangene Jahr abgeschlossen. Das vereinbarte Budget kann überschritten werden, allerdings kommt es dann zu Abschlägigen der DRG, bzw. bei Unterschreitung wird ein sogenannter Minder Erlösausgleich gezahlt. Die prozentualen Mechanismen haben sich im Laufe der Zeit geändert, während der Pandemie wurde noch ganz anders abgerechnet.
Vereinbart werden auch die Höhe und die Menge von Zusatzentgelten bzw. neuen Behandlungsmethoden und speziellen Verfahren. Während des Jahres fallen dann die Fallpauschalen an, die anteilig von den verschiedenen Kostenträgern überwiesen werden. Im Grunde genommen steht aber das Budget für ein Krankenhaus vorher fest. Es ist also eine Art feste Finanzierung mit abschlägiger Bezahlung. Die DRG sind insofern sinnvoll, als sie jedem Krankenhaus mehr oder weniger denselben Erlös zukommen lassen und es nicht von lokalen Verhandlungen abhängt, wie eine Abteilung ausgestattet ist. Verschwendung und medizinische Ineffizienz wird bestraft, Effizienz und Sparsamkeit belohnt. Darin liegt die gefährliche Versuchung, die dann von privaten Klinikträgern zur Gewinnerzielung eingesetzt wird. Gewinne sind aber ebenso wie Kosten der Weiterbildung nicht in der DRG kalkuliert. Ökonomie und Betriebswirtschaft ist an sich nichts schlechtes. Auch biologische Systeme sind darauf getrimmt, das sollte uns Medizinern ja nicht fremd sein.
In der Zeit vor der DRG mussten die Krankenhaus ebenfalls eine Gesamt Budgetierung verhandeln, die dann intern wiederum mit den einzelnen Abteilungen verhandelt wurde. D.h. man musste als Abteilung um Stellen kämpfen an Hand von fragwürdigen Anhaltszahlen für medizinische leistungen aus den 80 er Jahren. Das war kein Spaß. Mit den DRG dagegen wurden die Finanzmittel intern entsprechend der Leistung verteilt (Das Geld folgt der Leistung). Es ist klar, dass Abteilungen mit streckenweiser Unterbelegung (wie die Kinderklinik) dabei nicht ausreichend finanzierbar sind. Insofern ist es gut und richtig, dass spezielle Aufgaben, wie dies bei der Psychiatrie immer schon der Fall war, wieder voll finanziert werden. Allerdings bleibt die Frage, wie viele Ärzte, Pflege, etc. in einer Kinderklinik genehmigt werden im Falle der Vollfinanzierung. Wer soll dies entscheiden? Die Krankenkassen? Wir Ärzte werden es nicht alleine entscheiden dürfen.
Die Erlöse über Abschläge an den Leistungserbringer auszuzahlen trifft übrigens auch im Rettungsdienst zu. Der Träger des Rettungsdienstes vergibt die Gesamtleistung (RTW, NAW Einsätze) eines Jahres in einer Region z.B. an das DRK. Diese halten Personal und Fahrzeuge vor. Jede Rettungswagenfahrt wird dann pauschal berechnet und kostet zB 800 Euro. Im Prinzip wird aber nur ein bereits vereinbartes Budget abgestottert, d.h. de facto werden die Vorhaltefunktionen über die Fahrten nach und nach bezahlt.
Was passiert nun, wenn z.B. 40% der Vorhaltekosten von den Krankenkassen bezahlt werden sollen. Als erstes werden die Krankenkassen mitreden wollen, was vorgehalten wird. Also werden wir wieder dieselben Debatten haben wie vor dem DRG System, wie viele Ärzte, wie viel Pflege etc. ist notwendig? An dem Hamsterrat mit dem Versuch Fallzahlen zu steigern wird sich aber nicht so viel ändern, da ein entscheidende Erlösanteil, nämlich die restlichen 60% Prozent, weiterhin über DRGs hereinkommen sollen. Wohlgemerkt, alles innerhalb eines sowiesie vereinbarten gesamten Budgets. Die Abteilungen werden intern danach ausgestattet, was über die DRG rein kommt. Allerdinsg wird dies Klinik intern nicht 1:1 verteilt, sondern Abteilungen werden wie jetzt schon querfinanziert, wenn sie nicht genug DRG einnehmen.
Wie in dem Beitrag oben richtig beschrieben, werden die wesentlichen Probleme des Systems nicht adressiert. Das ist der Personalmangel, der auf verschiedene Faktoren zurückzuführen ist, und die fehlgeleitete Inanspruchnahme des Gesundheitswesens. Hinzufügen könnte man die doppelte Facharztschiene und die zu vielen Krankenhausstandorte. Wir werden nicht umhinkommen, das System zu verkleinern. auch das Qualitätsproblem wird dabei adressiert, wie dies in dem Gutachten der Fall ist.
Was in den Reformvorschlägen fehlt, ist eine Neuordnung der Weiterbildung, sowohl was die Finanzierung, als auch was die Spezialisierungen in den Häusern anbetrifft. Wie soll eine Innere Medizin weiterbilden, wenn sie nicht alle Leistungsgruppen machen darf?
In der Krankenhaus Kommission waren leider nur ein Psychiater und ein Kinderarzt, sowie Herr Kangianidis, der ein spezielles Gebiet vertritt, als Vertreter von klinischen Disziplinen vertreten. Man hätte einen Chirurgen und einen Internisten mit integrieren müssen, da diese Fächer den Großteil der klinischen Versorgung stemmen.
Eine sachliche Diskussion über die DRG sollte klarstellen, dass diese nicht nur des Teufels sind. Das wurde oben ja auch nicht unternommen, wird von Lauterbach, aber so kommuniziert. Der Begriff ‚Revolution‘ ist verfehlt und soll wohl vor allen ihn ins rechte Licht rücken. Die Probleme die wir haben, hängen nicht allein mit der Art und Weise zusammen, wie das Geld an die Krankenhäuser verteilt wird und wie sie intern verteilt werden. Eine Modifikation des Systems ist auf jeden Fall sinnvoll. Aber bitte nicht wie vor 20 Jahren das Kind mit dem Bade ausschöpfen, wie wir Deutschen das ja leider häufig tun. Auf weitere Diskussionsbeiträge bin ich gespannt.
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